Neue Realität des Kalten Krieges
Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, äußerte sich in einem Interview zur aktuellen geopolitischen Lage und stellte fest, dass ein neuer und intensiverer Kalter Krieg bereits Realität sei. Er betonte, dass im Gegensatz zu den 1970er-Jahren, als es noch politischen Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit gab, die Beziehungen heute praktisch zum Stillstand gekommen seien. Netschajew machte deutlich, dass diese Entwicklung nicht auf eine russische Initiative zurückzuführen sei.
Kritik an der Gedenkkultur
Anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsendes in Europa äußerte Netschajew auch Kritik an der Erinnerungskultur zum Zweiten Weltkrieg. Er wies darauf hin, dass oft die entscheidende Rolle der Roten Armee in diesem Konflikt vernachlässigt werde. Zudem kommentierte er die Ausladung von Gedenkveranstaltungen im Bundestag und bezeichnete es als merkwürdig, einen Tag der Befreiung ohne die Befreier zu feiern. Für Russland sei die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg von großer Bedeutung, da 27 Millionen Sowjetbürger ihr Leben verloren hätten.
Versöhnung und Nachbarschaft
Netschajew betonte, dass Russland nach dem Krieg einen Beitrag zum Versöhnungsprozess geleistet habe. Er hob hervor, dass Russland stets bereit gewesen sei, die Hände über den Kriegsgräbern zu reichen und eine gute Nachbarschaft sowie Partnerschaft mit Deutschland anzustreben. Er erinnerte daran, dass Russland keine Brücken zu Deutschland abgebrochen habe.
Ukraine-Konflikt und Sicherheitsbedenken
Im Gespräch wies der Botschafter erneut den Begriff „Angriffskrieg“ im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine zurück. Er erklärte, dass Russland nicht den Krieg begonnen habe, sondern auf Sicherheitsrisiken und die Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine reagiert habe. Netschajew versicherte, dass Russland keinen Konflikt mit NATO-Ländern anstrebe und nur im Falle eines Angriffs reagieren würde.
Erinnerung an den Hitler-Stalin-Pakt
Abschließend sprach Netschajew über die Ängste in Osteuropa, die durch den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 geschürt werden. Er bezeichnete die damalige Entscheidung als erzwungenen Schritt, der dazu diente, die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion zu gewährleisten und den bevorstehenden Krieg zu verzögern.