Erdogan liegt vorne – Stichwahl wahrscheinlich

Die türkische Wahlbehörde hat bekannt gegeben, dass es höchstwahrscheinlich zu einer Stichwahl zwischen Recep Tayyip Erdogan und Kemal Kilicdaroglu am 28. Mai kommen wird. Erdogan führt derzeit im Rennen um das Präsidentenamt, muss sich aber voraussichtlich einer Stichwahl stellen.

Ergebnisse der Wahl

Laut dem Chef der Wahlkommission, Ahmet Yener, sind rund 95 Prozent der Wahlurnen im Inland und etwa 37 Prozent der Urnen im Ausland ausgezählt worden. Erdogan erhielt 49,49 Prozent der Stimmen, während Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu 44,79 Prozent erhielt. Sinan Ogan von der ultranationalistischen Ata-Allianz landete auf dem dritten Platz mit rund 5,3 Prozent der Stimmen. Muharrem Ince von der Vaterlandspartei hatte seine Kandidatur kurz vor der Wahl zurückgezogen, erhielt jedoch noch 0,43 Prozent der Stimmen.

Bedeutung der Stichwahl

Die Stichwahl wird entscheidend sein, da es darauf ankommt, welche Wahlempfehlung der drittplatzierte Ogan abgibt. Kilicdaroglu trat in der Nacht gemeinsam mit den Parteichefs seines Sechser-Wahlbündnisses vor die Presse und betonte, dass Erdogan trotz seiner Diffamierungen und Beleidigungen nicht das Ergebnis erreicht habe, das er sich erwartet hatte. Die Opposition werde gewinnen und dem Land Demokratie bringen.

Machtverhältnisse in der Türkei

Seit der Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren hat Erdogan so viel Macht wie noch nie und kann weitgehend am Parlament vorbei regieren. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen. Auch international wird die Abstimmung in dem Nato-Land aufmerksam beobachtet.

Ablauf der Wahl

Rund 64 Millionen Menschen im In- und Ausland waren zur Stimmabgabe aufgerufen. In Deutschland waren rund 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Pass stimmberechtigt. Der Wahlkampf war angespannt und galt als unfair, vor allem wegen der medialen Übermacht der Regierung. Bestimmendes Thema war die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation. Erdogan versprach unter anderem eine Anhebung von Beamtengehältern und weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie. Er führte eine aggressive Kampagne und beschimpfte die Opposition als „Terroristen“. Ein beliebter Oppositionspolitiker wurde nur eine Woche vor der Wahl mit Steinen beworfen. Kilicdaroglu trug am Freitag bei einem Auftritt in der Erdogan-Hochburg Samsun eine kugelsichere Weste.

Fazit

Die Wahl verlief nach einer ersten Einschätzung der zuständigen Behörde ohne größere Probleme. Oppositionspolitiker meldeten jedoch kleinere Zwischenfälle aus verschiedenen Provinzen. Die Stichwahl wird nun entscheiden, wer der nächste Präsident der Türkei wird und wie sich die politische Situation im Land entwickeln wird.

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