Am Allerheiligen-Feiertag 2020 brachen mehrere Männer in das kleine Zollamt in Emmerich ein, bohrten eine Wand im Keller durch und verschwanden mit 6,5 Millionen Euro. Jetzt beginnt in Polen der Prozess gegen sieben Angeklagte – sechs Männer und eine Frau.
Die Anklage
Den Angeklagten wird die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und Diebstahl mit Einbruch vorgeworfen. Sie müssen nach polnischem Recht mit harten Strafen von bis zu 15 Jahren Haft rechnen, wie die polnische Landesstaatsanwaltschaft bereits Mitte April mitgeteilt hatte.
Der Coup
Laut den Ermittlungen sollen drei Täter am Allerheiligen-Feiertag 2020 in das zu diesem Zeitpunkt unbewachte Amt am Niederrhein eingebrochen sein, mit einem professionellen Kernbohrer im Keller eine Wand durchgebohrt und den Safe der Behörde geknackt haben. Knapp 6,5 Millionen Euro Beute waren danach verschwunden. Bei dem Einbruch nach „Panzerknacker“-Manier soll ein vierter Mann Schmiere gestanden haben.
Die Angeklagten
Mitangeklagt sind unter anderem ein mutmaßlicher Tippgeber, der laut Anklage selbst deutscher Zoll-Mitarbeiter war, sowie eine Frau, die vor allem als Vermittlerin tätig gewesen sein soll. Dem mutmaßlichen Anführer mit dem Pseudonym „Cadra“ wirft die Staatsanwaltschaft auch die Gründung und Leitung einer kriminellen Vereinigung vor. Fünf Angeklagte haben die polnische Staatsangehörigkeit, einer ist Bosnier, der mutmaßliche Tippgeber für den Millionendiebstahl ist Deutscher und Pole.
Die Ermittlungen
Nach Auskunft der in Deutschland zuständigen Staatsanwaltschaft Kleve hatten die polnischen Behörden in dem Fall im engen Austausch mit den deutschen ein eigenes Verfahren eröffnet. Offensichtlich sei die Tat von Polen aus vorbereitet worden, so die deutsche Staatsanwaltschaft. Der Einbruch hatte schnell Spekulationen über eine „undichte Stelle“ bei den Zollbehörden ausgelöst. Tatsächlich stellte sich bei den Ermittlungen heraus, dass der verdächtige Zoll-Mitarbeiter wohl wichtige Hinweise für das Verbrechen gegeben hat: Er habe den Mitgliedern der Gruppe Pläne des Tresors zur Verfügung gestellt.
Die Festnahmen
Im Mai 2022 waren nach aufwendigen Ermittlungen vier Verdächtige in Görlitz festgenommen worden – darunter der deutsche Zollbeamte. Gut vier Wochen später folgten drei weitere Festnahmen. Der Zugriff der polnischen Behörden vom Mai verlief dabei ähnlich spektakulär wie die Tat: In einem von der polnischen Polizei veröffentlichten Video ist zu sehen, wie schwer bewaffnete Spezialkräfte eine Tür aufsägen, Blendgranaten zünden und eine Wohnung stürmen.
Der Prozess
Nach dem spektakulären Millionen-Coup im Zollamt Emmerich vom November 2020 beginnt an diesem Freitag in Jelenia Gora in Polen der Prozess gegen die sieben Angeklagten. Die Verhandlung wird voraussichtlich mehrere Wochen dauern.