Raimund Neuß zur Herstellerinformation bei Corona-Impfstoffen und zum Prozess in Bamberg
Mit seiner Entscheidung, vor einem Urteil im Schadenersatzprozess gegen den Impfstoffhersteller Astrazeneca die von diesem Konzern verbreitete Fachinformation gutachterlich prüfen zu lassen, schiebt das Oberlandesgericht Bamberg nichts auf die lange Bank. Sondern es hält schon durch diesen Gutachterauftrag fest, dass bestimmte Prinzipien nun einmal auch in einer pandemischen Notlage gelten.
Kein medizinischer Eingriff, auch keine Impfung, ist vollkommen risikofrei. Das heißt nicht, dass man diese Eingriffe unterlassen sollte, aber Patientinnen und Patienten sollten die Risiken der Ausführung und die Risiken des Unterlassens abwägen können, und das geht bei Impfungen nicht ohne ärztlichen Rat. Deshalb gibt es Impfstoffe ja auch nicht rezeptfrei wie Vitaminspritzen. Deshalb muss der Hersteller aber zunächst einmal die Mediziner korrekt informieren.
Das ändert nichts daran, dass die Corona-Schutzimpfungen laut Weltgesundheitsorganisation allein in Europa schätzungsweise eine Million Menschenleben gerettet haben. Profitiert haben vor allem Menschen über 60. Die Klägerin, eine junge Frau, hätte vermutlich auf einen anderen Impfstoff warten können, ohne sich und andere in deutlich erhöhte Gefahr zu bringen. In höherem Alter oder bei einem Heil- oder Pflegeberuf hätte sie das Astrazeneca-Risiko vielleicht bewusst in Kauf genommen – aber auch dazu hätte sie informiert sein müssen.
Nochmals: Dass keine Impfung ganz risikofrei ist, sollte niemanden von sinnvollen Impfungen abhalten. Mit schlechter Informationspolitik aber wird dem Anliegen der Vorbeugung durch Immunisierung ein Bärendienst erwiesen.