Studienergebnisse
Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass in Nordrhein-Westfalen eine erhebliche Zustimmung zu antisemitischen Vorurteilen besteht. Je nach Fragestellung äußern zwischen acht und 24 Prozent der Befragten antisemitische Einstellungen, wie die Landesregierung in Düsseldorf bekannt gab.
Religiöse und moderne Einstellungen
Acht Prozent der Befragten vertreten religiös motivierte antisemitische Ansichten. Fast ein Viertel glaubt an moderne antisemitische Narrative, darunter die Vorstellung einer „jüdischen Weltverschwörung“. Zudem stimmen 19 Prozent der Befragten einer Relativierung oder Leugnung des Holocausts zu.
Israelbezogener Antisemitismus
Ein israelbezogener Antisemitismus findet bei 14 Prozent der Befragten Zustimmung. Studienautor Heiko Beyer beschreibt die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in Nordrhein-Westfalen als „beunruhigende Normalität“. Es wird darauf hingewiesen, dass der Anteil unter hochgebildeten und politisch linken Befragten möglicherweise unterschätzt wird, da diese oft nicht bereit sind, ihre Ansichten offen zu äußern.
Gesellschaftliche Auswirkungen
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass viele Befragte jüdische Mitreisende im Zug häufiger meiden als nicht-jüdische. Beyer betont, dass diese Erkenntnisse ein alarmierendes Bild der Verbreitung antisemitischer Haltungen und deren potenziellen Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben zeichnen.
Antisemitismus unter Jugendlichen
Koautor Lars Rensmann hebt hervor, dass israelbezogener Antisemitismus besonders bei Jugendlichen verbreitet ist. Fast die Hälfte der Befragten zeigt über Codes kommunizierte antisemitische Ressentiments. Rensmann fordert einen neuen gesellschaftlichen Umgang mit Antisemitismus und Desinformation in sozialen Netzwerken.
Herausforderungen der Erinnerungskultur
Die Antisemitismusbeauftragte des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, äußert sich besorgt über die Ergebnisse der Studie. Sie betont, dass fast die Hälfte der Befragten einen Schlussstrich unter die Geschichte ziehen möchte, was die Herausforderungen in der Vermittlung der Erinnerungskultur verdeutlicht. Insbesondere bei Jugendlichen besteht ein Nachholbedarf im Wissen über Israel und den Nahostkonflikt.
Präventionsmaßnahmen
Innenminister Herbert Reul betont die Notwendigkeit, die Lehren aus der Vergangenheit ernst zu nehmen. Er fordert eine verstärkte Konzentration auf soziale Medien im Rahmen der Prävention. Zudem versichert er, dass die Polizei und der Verfassungsschutz jüdisches Leben im Land schützen werden und jeder Einzelne täglich klare Position beziehen sollte.
Durchführung der Studie
Die Studie wurde von der Antisemitismusbeauftragten des Landes und dem Innenministerium in Auftrag gegeben. Im März und April wurden 1300 Personen ab 16 Jahren in Nordrhein-Westfalen vom Allensbach-Institut befragt. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für die Bevölkerung des Bundeslandes.