Bundesarbeitsgericht erwartet Grundsatzurteil zu Leiharbeit

Überblick

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt wird am Mittwoch ein Grundsatzurteil über die Gleichstellung von Zeitarbeitern mit den Kernbelegschaften fällen. Dabei werden die Tarifverträge in der Branche auf den Prüfstand gestellt.

Details

Der Fall einer befristet beschäftigten Leiharbeitnehmerin aus Bayern wird den obersten Arbeitsrichtern vorgelegt. Diese erhielt im Vergleich zu den Stammarbeitnehmern in dem Unternehmen rund ein Drittel weniger Stundenlohn, da ihre Zeitarbeitsfirma nach einem Tarifvertrag zahlte. Das Bundesarbeitsgericht muss nun klären, unter welchen Voraussetzungen tarifliche Schlechterstellungen bei der Bezahlung von Leiharbeitern gegenüber Stammbeschäftigten rechtmäßig sind.

EuGH-Urteil

Das Bundesarbeitsgericht hatte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Dieser entschied im vergangenen Dezember, dass Leiharbeiter nur dann schlechter bezahlt werden dürfen, wenn diese Ungleichbehandlung im Tarifvertrag ausgeglichen wird. Das bedeutet, dass Leiharbeiter im Gegenzug andere wesentliche Vorteile gewährt werden müssen, etwa durch zusätzliche Freizeit.

Auswirkungen

Es ist fraglich, ob das Bundesarbeitsgericht die aktuellen Tarifverträge komplett kippt und somit alle Leiharbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn wie die Stammarbeitskräfte hätten. Möglich wäre auch nur eine Entscheidung, die sich auf die befristet beschäftigten Leiharbeitnehmer bezieht.

Hintergrund

In Deutschland gibt es derzeit knapp 800.000 Leiharbeitnehmer, was rund zwei Prozent aller Beschäftigten entspricht. Für fast die gesamte Branche gelten Tarifverträge, welche der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) mit den DGB-Gewerkschaften geschlossen haben.

Einschätzung

Arbeitsrechtler Wolfgang Hamann von der Universität Duisburg-Essen spricht von einem „praxisrelevanten Urteil“. Die Lohnunterschiede zu den Stammbelegschaften seien zum Teil beträchtlich und würden zwischen 24 bis zu 30 Prozent betragen. Es sei jedoch fraglich, ob die Tarifverträge eine adäquate Kompensation für diese Vergütungsdifferenz bieten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert